WHITE WALL

WHITE WALL

(…) WHITE WALL ist eine sehr lange, zerbrechliche weiße Wand aus Styroporresten. Die aufgeblasenen Kunststoffkügelchen, dicht and dicht gepackt in unterschiedlich geformte Muster, bilden eine weiße, subtil artikulierte Oberfläche, welche die große, 29 Meter lange Halle des Ausstellungsgebäudes in zwei lange Teile tranchiert. Die so gebildete Oberfläche wird rhythmisch unterbrochen durch die in regelmäßigen Abständen stehenden massiven Holzpfeiler, die sich von unten bis zum Dach durch die zwei Ebenen des Fachwerkgebäudes ziehen. Die Konstruktionsweise des Gebäudes erschließt sich durch die so hervorgehobenen Träger, die sich dunkel von der künstlichen Styroporfläche abheben. Betrachtende werden mit einer Unzugänglichkeit konfrontiert, sie können hier nicht erkennen, wohin sie nicht können. Es entsteht ein potenziell begehrenswerter Raum jenseits der Mauer. Es gibt jedoch nichts jenseits dieser milchigen Oberfläche außer more of the same. Das begehrenswerte an dem, was jenseits der Mauer liegt, wird in unseren Köpfen hergestellt, weil der Verschluss andeutet, dass dahinter möglicherweise etwas liegen könnte. Teilweise wird beim Abschreiten der langen Installation durch kleine Lücken in der Styroporwand eine dahinter liegende Räumlichkeit sichtbar. Es ist jedoch nicht leicht auszumachen, wie tief der Raum dahinter ist. Die zerbrechliche weiße Mauer verursacht Spannung: Werden die vor dieser immensen Wand ganz klein wirkenden Betrachter dem Drang widerstehen, ein Stückchen aus der Styropormauer zu entfernen um der Verlockung des Fragilen nachzugeben? (…)

Dr. Lisa Glauer, aus: FRAGIL, Katalogtext zur Ausstellung FRAGIL, Erfurt 2020